Nachgefragt – bei Holger Klose

In der Reihe „Nachgefragt“ stellen wir die Menschen hinter den Exponaten der Ausstellung "Bioökonomie" vor.

Unser achtes  Interview führen wir mit Dr. Holger Klose vom Institut für Bio- und Geowissenschaften – Pflanzenwissenschaften am Forschungszentrum Jülich. Er beschäftigt sich mit der nachhaltige Nutzung und Verwertung von Biomasse. Mehr darüber erfahrt ihr am Exponat "Sauberes Wasser durch Algen" und in diesem Interview.


26_22_Algenflipper_Holger Klose_teaser.jpgFällt das Wort Bioökonomie, blickt man noch oft in fragende Gesichter: Wie würden Sie den Begriff mit einfachen Worten erklären? 

Bioökonomie bedeutet, dass man erneuerbare Kohlenstoffquellen und weitgehend geschlossene Stoffkreisläufe nutzt. Ich hoffe aber auch, dass wir mit den Ideen, die wir im Rahmen der Bioökonomie entwickeln, unser Wirtschaftssystem nachhaltiger, sozialer und ökologischer gestalten können. Das bedeutet, dass man auf nachwachsende Rohstoffe setzt, sich aber auch genau den ökologischen und sozialen Fußabdruck der Produkte anschaut. 

Woran forschen Sie? 

Wir forschen in unserem Team an neuen Konzepten für eine nachhaltige Nutzung und Verwertung von Biomasse. Zum Beispiel, wie man mit Hilfe von Algen Nährstoffe aus Wasser zurückgewinnen kann oder Reststoffe aus der Landwirtschaft als Dünger zur Produktion von Energiepflanzen verwendet. Und wir forschen an Verfahren, wie man aus Pflanzenbiomasse Ausgangsstoffe für Kunststoffe, Textilien und Feinchemikalien gewinnen kann. Hier interessiert uns auch, warum es gar nicht so einfach ist, Biomasse in ihre Bausteine zu zerlegen und gleichzeitig funktionale Produkte zu erzielen.  

Haben Sie eine Idee / einen Wunsch, wohin die Ergebnisse Ihrer Forschung mal führen könnten? 

Ich würde mir wünschen, dass einige der von uns entwickelten Technologien dabei helfen, unseren Alltag oder unser Arbeitsleben zu gestalten: z. B. dass wir überschüssige Nährstoffe mit Hilfe von Algen aus unserem Trinkwasser entfernen und wieder in der Landwirtschaft einsetzen können, oder dass wir z. B. einen Laufschuh komplett mit aus Pflanzen gewonnenen Materialien fertigen können.

Unabhängig von Ihrer eigenen Forschung: Welche bioökonomische Errungenschaft wünschen Sie sich im Jahr 2035 erfolgreich im Alltag angekommen? 

Der Einsatz von fossilen Rohstoffen hat sich deutlich verringert und Wirtschaft und Industrie haben einen sichtbaren „grünen Fingerabdruck“. Das heißt, wir können überwiegend Stoffströme recyceln und sind sehr energieeffizient bei der Herstellung unserer Produkte. Außerdem hat sich ein grüneres Bewusstsein etabliert – der Wert unserer Umwelt und unserer Ressourcen wird als solcher allgemein wahrgenommen und wirklich als Lebensgrundlage verstanden.

Mit welchem Thema beschäftigt sich Ihr Exponat? Algal Turf Scrubber_2.jpg

Die Belastung unseres Trinkwassers mit Phosphat und Nitrat ist oft sehr hoch. Deshalb gelten mittlerweile neue Verordnungen, die den Eintrag dieser Nährstoffe ins Wasser reduzieren sollen. Der technische Aufwand, diese Moleküle wieder aus dem Trinkwasser zu entfernen, ist sehr hoch und damit teuer. Wir wollen dies mit Hilfe von Mikroalgen lösen. Die können große Mengen dieser Nährstoffe aufnehmen ¬ sie speichern sie in ihren Zellen und entfernen sie so aus dem Wasser. Die Mikroalgen kann man anschließend ernten und beispielsweise als Dünger wieder aufs Feld bringen.

Worauf können sich die Besucherinnen und Besucher an Ihrem Exponat freuen? 

An unserem Exponat kann man ‚Algenflipper‘ spielen und farbige Kugeln in dem grünen Algenrasen in einem Erntenetz sammeln. Die blauen Kugeln sind das Wasser, die farbigen Kugeln stellen Phosphat- und andere Nährstoffmoleküle sowie mitschwimmende Algen dar, die an einem Algenrasen von den dort lebenden Algen festgehalten werden. Der Besucher kann sie in ein Netz kehren und so aus dem System entfernen (zumindest zeitweise, damit andere es auch noch versuchen können). Damit kommt nur das ‚saubere Wasser‘ zurück in den Kreislauf und könnte nun weiterverwendet werden, wie auch die nährstoffhaltigen Algenreste – nur eben getrennt.

Was finden Sie spannend daran, sich an einer Ausstellung wie der auf der MS Wissenschaft zu beteiligen? 

Unser Leben nachhaltiger, ökologischer und sozialer zu gestalten, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die zeitgleich mit ¬ für uns alle sehr relevanten ¬ Problemen wie Bevölkerungswachstum und Klimawandel gelöst werden muss. Deshalb braucht es Aufmerksamkeit und Akzeptanz. Eine solche Ausstellung ist ein erstklassiger Weg, hautnah zu erfahren, wie neue Technologien und neues Wissen dazu beitragen, Lösungen zu finden.

Gab es etwas, was Sie bei der Konzeption Ihres Exponats zum Verzweifeln / zum Nachdenken / zum Lachen gebracht hat? Wenn ja, was? 

Wasser wird im AlgenFlipper durch blaue Kugeln dargestellt. Es hat uns ziemlich erstaunt, wie viele wir benötigen, um fließendes Wasser zu veranschaulichen. Es sind eine ganze Menge … über fünfhundert.



Weitere Informationen zum Thema Bioökonomie finden Sie auf der Webseite vom Bioeconomy Science Center.